KAB Diözesanverband Osnabrück
Katholische Arbeitnehmer-Bewegung

KAB Diözesanverband Osnabrück

Grundwerte dürfen nicht dem Konsum geopfert werden!

Offener Brief an die Mitglieder des niedersächsischen Landtag von der KAB in Niedersachen.

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde der KAB,

die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) in Niedersachsen stellt fest: Der Schutz des arbeitsfreien Sonntags wird immer wieder aufs Neue vom Einzelhandel und von Teilen der Politik in Frage gestellt und aufgeweicht. Wir möchten daran erinnern, dass die letzte Novellierung des Niedersächsisches Gesetzes über Ladenöffnungs- und Verkaufszeiten (NLöffVZG) 2019 nötig wurde, da die vorherige Regelung nicht verfassungskonform war.

Der Schutz des Sonntags ist im Grundgesetz unter Artikel 140 verankert und somit ein hohes Gut. Die Verwaltungsgerichte der Länder und auch das Bundesverwaltungsgericht machen in der aktuellen Rechtsprechung deutlich, dass es hohe Hürden gibt, um sonntags Geschäfte öffnen oder einem Gewerbe nachgehen zu dürfen. Wir haben in der Gesetzesnovellierung darauf hingewiesen, dass die von den Gerichten aufgezeigten „Leitplanken“ auch im Gesetz verankert werden müssen. Denn immer wieder genehmigen Kommunalverwaltungen Sonntagsöffnungen ohne die aktuelle Rechtsprechung und den im Grundgesetz verankerten Sonntagsschutz zu berücksichtigen, teilweise auch wissentlich.

Es ist eine traurige Tatsache, dass Ver.di und andere Akteure Gerichte einschalten müssen, damit der Sonntagsschutz bzw. das Grundgesetz in vielen Kommunen beachtet wird. Anschließend stellen sich oft Bürgermeister*innen, Kommunal- und teilweise auch Landespolitiker*innen vor die Presse und verunglimpfen die Gerichtsurteile und die Gewerkschaften, obwohl diese lediglich geltendes Recht umsetzen.

Durch den Vorstoß von Wirtschaftsminister Althusmann bekommt das Ganze eine neue Dimension. So wie am 01.07.2020 bspw. der NDR berichtet, will sich Althusmann dafür einsetzen, dass zwischen August und November vier verkaufsoffene Sonntage, auch ohne Anlass, genehmigt werden. Wir verweisen auf das Urteil vom Bundesverwaltungsgericht vom 17.05.2017 (BVerwG 8 CN 1.16) in dem es eindeutig heißt: „Die Ladenöffnung an einem Sonntag ist verfassungsrechtlich nur gerechtfertigt, wenn ein hinreichender Sachgrund für sie besteht. Das Umsatzinteresse der Verkaufsstelleninhaber und das „Shopping-Interesse“ der Kunden genügen hierfür nicht.“

Das NLöffVZG gibt auch jetzt schon große Freiheiten zur Ladenöffnung. So können Geschäfte, nach unserem Kenntnisstand, an sechs Tagen die Woche 24 Stunden öffnen. Unter den vorherrschenden großen Gestaltungsfreiräumen der Ladenöffnung erschließt sich uns der Vorstoß von Herrn Althusmann nicht. In einer Wirtschaftskrise ist das Konsumverhalten eingetrübt. Viele Menschen haben kein Geld, um Anschaffungen zu tätigen, da sie um ihre wirtschaftliche Zukunft bangen müssen.

Scheinbar unauflösbar ist der Widerspruch zwischen mehr Konsum und weniger Einkommen aufgrund von Kurzarbeit. Wie soll es den Menschen bei weniger Einkommen möglich sein, mehr zu kaufen? Eine Frage, auf die keine plausible Antwort gegeben wird. Ein Aufholen des ausgebliebenen Einnahmeverlustes ist eine Illusion. Die Wirtschaft sollte dem Menschen dienen und ihn nicht noch zusätzlich belasten.

Ferner werden gerade diejenigen Arbeitnehmer*innen, die in der Corona-Pandemie im Einzelhandel und auch anderswo einer erheblichen gesundheitlichen Belastung ausgesetzt wurden, über Gebühr beansprucht, wenn noch weniger Zeit zur Erholung aufgrund von ausgedehnten Öffnungszeiten übrigbleibt.

Wir sehen hier einen erneuten Angriff auf den im Grundgesetz verankerten Schutz des Sonntags und fordern Sie auf, alles in Ihrer Macht stehende zu tun, um diesem Vorstoß ein ende zu setzen.

Als KAB setzen wir uns seit langem für einen Mindestlohn in Höhe von 13,69 €, eine Stärkung der Stammbelegschaften und ein bedingungsloses Grundeinkommen ein. All diese Maßnahmen würden einzeln und gemeinsam die Einkommensverhältnisse und Lebens- und Arbeitsbedingungen in Deutschland verbessern und somit die Nachfrage und Wirtschaftskraft des Binnenmarktes stärken. Hierzu braucht es keine Sonntagsöffnung/Sonntagsarbeit!

Gott segne die Christliche Arbeit

Frederick Heidenreich
Sprecher der KAB in Niedersachsen

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