Sögeler Sozialtag Industrie 4.0 Wo bleibt der Mensch?
Regina Görner Ende Mai fand auf Diözesanebene mit zahlreichen Interessierten der Sögeler Sozialtag statt. Nach der Begrüßung durch die KAB-Sekretäre Frederick Heidenreich und Marcel Völtz, der auch noch kurz sein Arbeitsfeld der Betriebsseelsorge im Emsland vorstellte, übernahm Mechthild Hinrichs, Geschäftsführerin von A + W, dem Sozialwerk von KAB und CAJ, und stellte das Bildungszentrum genauer vor, fand doch in den dortigen Räumlichkeiten die Tagung statt. 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter begleiten in zurzeit 38 Maßnahmen Menschen zwischen 14 und 62 Jahren, um sie zu qualifizieren und in den Arbeitsprozess zu bringen. Diese Kurse dauern von fünf Stunden – in de-nen es etwa um das Erstellen einer Bewerbungsmappe geht – bis zu dreieinhalb Jahre. Stolz konn-te Mechthild Hinrichs auf eine Vermittlungsquote von 73% hinweisen, von denen wiederum 79% auch nach mehr als sechs Monaten weiter in Arbeit sind.
Andreas Luttmer-Bensmann Mit einem kurzen Film zu „Industrie 4.0“ wurden die Teilnehmer anschließend in die Thematik des Tages eingeführt, bevor Dr. Regina Görner dann in einem Referat verschiedene Aspekte dazu aus-führlicher in den Blick nahm. Als Gewerkschafterin und CDU-Politikerin (u.a. persönliche Referentin von Rita Süssmuth, Ministerin für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales im Saarland, langjähriges Bundesvorstandsmitglied von CDU und CDA) konnte sie reichlich Hintergrundwissen mit einbrin-gen.
Schon immer, so Görner, hätten Menschen versucht, Arbeit zu erleichtern oder zu ersetzen, Pro-dukte effektiver, preiswerter, schneller und in größerer Zahl herzustellen. Dieser Prozess ist nichts Neues und auch bei „Industrie 4.0“ der Fall. Sicher würden durch die Digitalisierung Arbeitsplätze verloren gehen, es würden aber auch viele neue Arbeitsplätze entstehen. Für diese neuen Be-schäftigungen brauche es Arbeitnehmer, die gut ausgebildet sind, die Arbeitsprozesse durch-schauen und die Systeme beherrschen. Das müssten nicht zwangsläufig nur akademische Anforde-rungen sein. Und die „Arbeit am Menschen“ in Bereichen wie Pflege, Erziehung usw. bleibe in Zu-kunft wichtig.
Görner sprach sich dafür aus, sich in die neuen Veränderungen von Arbeit einzubringen, auf Prob-leme, etwa die Entgrenzung von Arbeit, hinzuweisen und Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen. Sie forderte die Politik auf, schlechte Arbeitsverhältnisse teuer zu machen und verwies auf die Not-wendigkeit von Tarifbindung, Mindestlöhnen, Regulierung von Arbeit und auf die Forderungen der christlichen Soziallehre, um nur einige Stichpunkte aus ihrem Vortrag zu nennen. „Alles ist gestalt-bar“ – so ihr Aufruf zum Schluss.
Marcel Völtz In zwei Workshops vor und nach dem Mittagessen hatten die Teilnehmer dann Gelegenheit, sich mit einzelnen Themen noch einmal genauer zu beschäftigen. Neben Regina Görner und Mechthild Hinrichs standen mit dem KAB-Bundesvorsitzender Andreas Luttmer-Bensmann und Sebastian Zöppel, Sekretär der Gewerkschaft NGG, weitere kompetente Gesprächspartner zur Verfügung. Deutlich wurden hier noch einmal die Wichtigkeit einer guten Aus- und Weiterbildung und die Fra-ge nach Mitbestimmung und Mitarbeitervertretung. „Wer hat heute eigentlich noch den Blick und ein langfristiges Interesse für den Erhalt von Arbeitsplätzen und die Situation in den Betrieben? Das sind doch die Arbeitnehmer“, so Regina Görner zum Schluss des Nachmittages. Leidenschaftlich rief sie dazu auf, die Chancen nach Mitgestaltung – auch in und über die KAB – beherzter zu ergreifen. „Noch nie hat sich etwas verändert, nur weil wir Recht haben!“
Mit einem Wortgottesdienst unter Leitung von KAB-Diözesanpräses Diakon Christian Eilers wurde der Sögeler Sozialtag beendet.
Text: Angelika Kampsen