Zurück zur Stammbelegschaft!
Endlich sollte sich etwas bewegen in der Sache. Traurig, dass es erst durch Corona angestoßen wurde, aber immerhin: Die Bundesregierung hat eine Gesetzesinitiative zur Verbesserung der Arbeits– und Lebensbedingungen der Beschäftigten in der Fleischindustrie auf den parlamentarischen Weg gebracht. Und nun die Rolle rückwärts in der CDU/CSU. Prälat Peter Kossen, der sich seit vielen Jahren gegen diese Missstände engagiert und dafür kürzlich erst mit dem Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet wurde, kommentiert dies in folgender Pressemitteilung:
„Die für Ende Oktober im Bundestag geplante Abstimmung über das Arbeitsschutzkontrollgesetz von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil wurde kurzfristig auf Verlangen der CDU/CSU von der Tagesordnung genommen. Man will die Leiharbeit weiter ermöglichen.
Leiharbeit wird damit zum willkommenen Schlupfloch: Schon bisher wurde die massenhafte Verdrängung von Stammbelegschaft durch Werkvertrags- und Leiharbeit mit dem fadenscheinigen Vorwand von Belastungsspitzen und Saisongeschäft begründet. In Wirklichkeit geht es um primitives Lohn- und Sozialdumping. Unternehmer-Verantwortung wird weggeschoben. Vielfach wird völlig skrupellos ein Sumpf dubioser Leiharbeitsfirmen genutzt, um einfachste Standards von Arbeitsschutz und Arbeitnehmerrechten auszuhebeln. CDU und CSU machen sich hier zum Komplizen moderner Sklaverei, statt diesen Sumpf trockenzulegen.
Arbeitsmigrant*innen aus Ost- und Südosteuropa schuften in der Fleischindustrie und weiteren Branchen als Menschen zweiter Klasse. Zehntausende moderne Sklaven sind nicht auf dem Radar von Rechtsstaat und Gesetz: ein System organisierter Verantwortungslosigkeit. Die Corona-Pandemie hat zu Tage gebracht, wie Frauen und Männer mit schwerster Arbeit verschlissen und darüber hinaus mit Wuchermieten für Bruchbuden abgezockt werden. Risikogruppe sind sie durch ihre vielfach unerträglichen Lebens- und Arbeitsbedingungen. Großschlachthöfe und Massenunterkünfte sind zu Hotspots geworden. Daran sollte das Gesetz etwas ändern und Rechtsstaatlichkeit wiederherstellen.
In erbärmlicher und empörender Weise versuchen nun CDU und CSU, das überfällige Gesetz zu verzögern und zu verwässern. So ist es in den vergangenen Jahren immer wieder gewesen, deshalb hat sich bis heute nichts zum Guten verändert. Die Regelung raube den Betrieben die notwendige „Beinfreiheit“, heißt es von der Union. Das Bild ist gut gewählt! Die „Beinfreiheit“ nutzt die Fleischindustrie dazu, Menschenwürde und Gerechtigkeit mit Füßen zu treten. Die Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt, dass die mafiös durchseuchte Fleischindustrie jedes Schlupfloch brutal zur Ausbeutung und Abzocke ausnutzt. Mit der Mafia jedoch kann man keine Kompromisse machen! Keine Zugeständnisse auf Kosten von Würde und Gerechtigkeit! Die CDU/CSU sollte Partei ergreifen für die Opfer, nicht für die Täter!
Nur ein radikaler Schnitt ohne weitere Verzögerung kann eine wirkliche Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der hart arbeitenden Menschen in der Fleischindustrie herbeiführen. Zurück zur Stammbelegschaft! Jetzt!“
Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen!
Stephan Eisenbart
Landessekretär KAB Landesverband Oldenburg