„Menschenwürdig statt prekär"
Was kann die Katholische Arbeitnehmer-Bewegung gegen prekäre Arbeit tun? Prekäre Arbeitsverhältnisse nehmen zu, der Organisationsgrad der dort Beschäftigten ist sehr gering, das Risiko für die Sicherheit der Arbeit wird auf die Einzelnen abgewälzt und der Lohn reicht oft kaum zum Leben, geschweige denn für die zuverlässige Planung einer Familie. In der Coronazeit wurde die Spaltung unserer Gesellschaft in immer reichere Begüterte und immer mehr von Armut Gefährdete verstärkt. Angesichts von Kriegsfolgen, aber auch durch den zunehmenden Klimawandel ist zu befürchten, dass sich diese Entwicklung noch beschleunigt fortsetzen wird.
Die KAB hat daher auf ihrer Bundesdelegiertenkonferenz beschlossen, sich in den nächsten vier Jahren der Überwindung von prekären Arbeitsverhältnissen zu widmen. Dabei ist klar: Eine Wirtschaft, die vor allem auf die Vermehrung der Kapitalrendite hin ausgerichtet ist, bringt zwangsläufig solche prekären Arbeitsverhältnisse hervor. Papst Franziskus hat es noch schärfer formuliert: „Diese Wirtschaft tötet!“ (Apostolisches Schreiben „Evangelii gaudium“ Ziff. 53)
Um dieser Herausforderung besser gerecht werden zu können, trafen sich Haupt- und Ehrenamtliche des Verbandes aus den Diözesanverbänden Paderborn, Münster, Osnabrück und Hildesheim für drei Tage in der Bildungsstätte „Ludwig Windthorst Haus“ in Lingen/Ems. Sie machten sich Gedanken darüber, wie in Kirchengemeinden und Verbänden Aktive ihre Milieus überwinden und mit Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen in Kontakt kommen können; sie übten, Lebenswege von prekär Beschäftigten so darzustellen, dass sie zum Handeln bewegen können, und sie entwickelten Elemente, mit denen sich Kampagnen gegen prekäre Arbeit gestalten lassen.
Einem Verband mit einer solch langen Tradition, wie die KAB sie hat, stellen sich durch neue gesellschaftliche Entwicklungen immer wieder neue Anforderungen. Als vor 150 Jahren die Grundzüge unserer aktuellen Sozialversicherungssysteme geschaffen wurde, kamen entscheidende Impulse aus der katholischen Arbeiterbewegung. Kindergeld, betriebliche Mitbestimmung, der Einsatz für einen armutsfesten Mindestlohn: das sind Elemente aus dem jahrzehntelangen Engagement der KAB. In den vergangenen Jahren haben die Verhältnisse in der Fleischindustrie viele KABlerinnen und KABler erschüttert. Bei den Soloselbstständigen in den Lieferdiensten verbreitet sich prekäre Arbeit wie ein Virus. Die Pflegearbeit wird zwar beklatscht und als „systemrelevant“ bezeichnet, aber in der Altenpflege grassieren illegale und völlig ungesicherte Arbeitsverhältnisse.
In ihren Gruppen und in ihrer Bildungsarbeit will die KAB dazu beitragen, dass diese Entwicklung umgedreht wird. Doch das wird sie bei allem eigenen Einsatz allein nicht schaffen. Daher vernetzt sich die KAB überregional und bundesweit. Und sie schließt Allianzen mit anderen gesellschaftlichen Gruppen, die ebenfalls dafür kämpfen, dass Arbeit „menschenwürdig statt prekär“ wird.